Manche Dinge harmonieren einfach perfekt, so zum Beispiel die Airstream Landyacht und das Freecamper-Floß. In Kombination entsteht ein einzigartiges Hausboot der Luxusklasse.
Schon die Anfahrt nach Zehdenick im Norden Brandenburgs lohnt sich. Weite Landschaften wechseln sich mit wunderschönen Alleen ab, bevor man schließlich den neuen Hafen im Ziegeleipark Zehdenick erreicht. Für Reisende von weiter her ist es sicher lohnend am Vorabend anzureisen. Man kann dann bequem vor der Ladestelle der Freecamper eine Nacht stehen bleiben und muss nicht mit Zeitdruck anreisen. Die Anmeldung für das Marina-Camping erfolgt beim Hafenmeister, der einen freundlich empfängt und die Einrichtungen erklärt.
Auch ein Besuch des Ziegeleiparks ist durchaus empfehlenswert. Auf dem weitläufigen Gelände der ehemaligen Ziegelproduktion findet man einige interessante Ausstellungen und auch einen Kinderspielplatz und Kleintierzoo. Für das leibliche Wohl sorgt ein gemütliches Restaurant im alten Hafen.
Am Morgen werden zunächst die zurückkehrenden Freecamper entladen, für die neuen Gäste aufgetankt und fit gemacht. Gegen Mittag geht es dann für die Neuankömmlinge los. Wer keinen Binnenführerschein besitzt, muss neben der praktischen Einweisung erst einmal die Theorie für den Charterführerschein lernen. Danach gibt es ein kleines Fahrtraining und erst dann kann es losgehen. Für diese Einweisung, auf die der Freecamper-Betreiber große Sorgfalt verwendet, sollte man etwa 3 Stunden einplanen.
Nun wird der Wohnwagen auf den Freecamper verladen. Je nach Fahrzeugtyp kommen hier unterschiedliche Modelle zum Einsatz. Der normale Freecamper trägt Fahrzeuge bis zu 2,2 Tonnen Gewicht und max. 8 Personen Besatzung. Die maximale Länge der Wohnwagen ist auf 8,5 Meter begrenzt. Gelenkt wird hier von einer erhöhten Plattform im Heck, von der man auch eine tolle Übersicht über das gesamte Geschehen hat. Zudem dient der Kommandostand auch als Sonnenterasse und Esszimmer mit ausreichend Platz für die ganze Familie.
Für Wohnmobile und Wohnwagen mit einem Gewicht über 2,2 Tonnen tritt der WoMo-Freecamper in Aktion, der Fahrzeuge mit zu 4,5 Tonnen Gesamtgewicht und ebenfalls 8,5 Metern Länge tragen kann. Er wird vom Bug aus gesteuert.
Nachdem der Wohnwagen mit Muskelkraft und Seilwindenunterstützung oder mit Hilfe der eigenen elektrischen Rangierhilfe auf dem Freecamper platziert ist, wird er erst einmal sicher verzurrt. An der Front sorgt eine Kugelkopf-Kupplung für die Fixierung, an den Rädern kommen Haltebügel und Zurrgurte zum Einsatz. So gesichert kann auch bei Wellengang nichts passieren. Schließlich soll das gute Stück ja auch wieder heil zurückkommen und nicht zukünftig als Attraktion für Tauchtouristen auf dem Grund der umliegenden Gewässer dienen.
Apropos Wasser, wohin kommt eigentlich das Abwasser und der Inhalt der Chemietoilette, wenn man mehrere Tage unterwegs ist? Auch hier hat sich der Entwickler des Freecamper Gedanken gemacht und eine praxisnahe Lösung gefunden. Der Freecamper besitzt einen eigenen Schmutzwassertank mit 300 Liter Fassungsvermögen. Dieser kann bei der Rückkehr oder auch unterwegs im Hafen gegen eine kleine Gebühr, wie bei den anderen Motoryachten, abgepumpt werden. Den Grauwasser-Ausgang des Wohnwagens kann man über einen Stutzen direkt an den Tank anschließen. Die Toilette, für die man nur Chemikalien mit dem blauen Engel einsetzen darf, kann man manuell in den Tank entleeren.
Die Frischwasserversorgung erfolgt konventionell wie beim normalen Camping. Wer keinen eigenen Frischwassertank an Board hat, sollte vielleicht ein paar Kanister mitnehmen. Frischwasser bekommt man unterwegs an allen Anlegestellen entweder direkt per Schlauch oder je nach Fahrzeug am Wasserhahn mit dem Wassertaxi, Gießkanne oder dem Aquaroll.
Für Fahrzeuge ohne eigene Bordbatterien wird die 12-Volt-Stromversorgung des Wohnwagens über das KFZ-Verbindungskabel an die 12-Volt-Versorgung des Freecamper angeschlossen. Die Bordbatterien des Freecamper werden automatisch nachgeladen sobald das Boot an der Anlegestelle mit Landstrom versorgt wird. Dann steht auch dem Wohnwagen eine 230-Volt-Versorgung zur Verfügung. So ausgerüstet, mit einem umfangreichen Bordbuch und Kartensatz steht einer entspannten Reise nichts mehr im Weg.
Gerade zu Beginn sollte man es aber langsam angehen lassen. Das Lenken des Freecamper bedarf doch ein bisschen Übung. Bei der vorangegangenen Einweisung wird einem deshalb auch mehrfach vermittelt, dass Ruhe und gegenseitige Rücksichtnahme oberes Gebot sind. Auch wenn man mit dem 40-PS-Außenborder durchaus flott unterwegs sein kann, ist die maximale Geschwindigkeit auf den Wasserwegen im Einzugsgebiet des Freecampers auf 9 km/h begrenzt. Das ist zwar nur etwas mehr als ein schneller Wanderschritt aber eine durchaus angenehme Reisegeschwindigkeit in der wunderschönen Landschaft.
Ist man erst mal auf den Wasserwegen unterwegs trifft man die unterschiedlichsten Wasserfahrzeuge. Von kommerziellen Schiffen für Gäste und Güter bis hin zu fahrenden Holzhäusern und Kanus ist einiges auf der oberen Havel unterwegs. Die Landschaft und Wasserwege sind sehr abwechslungsreich. Von windgeschützten mit Schilf bewachsenen Wasserarmen im Naturschutzgebiet über kleine und größere Seen, auf denen es auch mal etwas welliger werden kann bis hin zu von Menschenhand geradlinig gezogenen Kanälen, findet man alles auf dem Weg nach Templin.
Nachdem man die ersten Stunden vorwiegend mit dem Steuern des Freecampers beschäftigt ist, stellt sich spätestens am zweiten Tag der Gewöhnungseffekt und eine gewisse Ruhe ein. Man beginnt die Landschaft zu genießen und legt auch mal unterwegs eine längere Pause auf einem ruhigen Gewässer ein. Wichtig ist beim Schippern natürlich auch das Zusammenspiel der Mannschaft. Ein Boot hat schließlich keine Handbremse und so darf das Ruder während der Fahrt oder auch im fließenden Wasser keine Minute unbeaufsichtigt sein. Selbst ein Toilettengang ist nur nach vorangegangener Steuerübergabe oder im festgemachten Zustand möglich und auch beim Anlegen geht ohne wenigsten einen Matrosen an Bord nichts.
Anlegestellen gibt es verschiedene: Gaststätten, bei denen man nach dem Verzehr einer Mahlzeit kostenlos über Nacht anlegen darf, kleine Häfen die profesionelle Ver- und Entsorgung bieten oder einfache private Liegeplätze ohne viel Schnick Schnack… Am besten man probiert die verschiedenen Möglichkeiten selbst aus und variiert auf der Reise je nach Lust und Laune. Sehr empfehlenswert sind die kleinen traditionellen Gaststätten entlang der Wasserwege. Hier bekommt man tolle regionale Gerichte zu günstigen Preisen und den einen oder anderen Tipp für die Reise obendrein.
Je nach gewählter Route müssen Sie als frisch gekürter Freizeitkapitän auch die eine oder mehrere Schleusen passieren. Die meisten davon sind heutzutage automatisiert und werden mit Signalen und Handhebeln bedient. Nur die erste Schleuse in Richtung Norden nach der Freecamper-Basis wird noch von einem Schleusenwärter von Hand bedient, der sich erstaunlich geduldig mit den Navigationskünsten der Neukapitäne zeigt.
Ein Highlight der Tour Richtung Norden ist die kleine Stadt Templin. Wer dort im Stadthafen festmacht, kann zu Fuß bequem in die Stadt laufen und eine der besterhaltenen Stadtmauern Deutschlands bewundern oder sich in eines der zahlreichen Restaurants und Kaffees der liebevoll restaurierten Altstadt setzen. Auch neuen Proviant für die Rückreise kann man hier problemlos in einem der kleinen Läden oder im Supermarkt beschaffen.
Auf dem Rückweg merkt man dann wie schnell man sich an diese Art des Reisens gewöhnt hat, aber leider auch wie schnell die Zeit vergeht. Viel schneller als gewünscht findet man sich wieder an der Freecamper-Basis, an der beim Entladen alles genauso unkompliziert wie zu Beginn der Reise abläuft.
In weniger als 30 Minuten wird aus einem Airstream Hausboot wieder eine Airstream Landyacht. Auch wenn Freecamping mit Preisen ab 350 Euro für ein Wochenende kein ganz billiges Vergnügen ist, so ist es doch jeden Euro wert und hat Suchtpotential. Die erklärt auch die zunehmende Zahl der wiederkehrenden Gäste. „Die meisten beginnen mit einem Schnupperwochenende und kommen das nächste Mal für einen Wochenaufenthalt“, weiß Freecamper-Chef Markus Frielinghaus zu berichten.
Die Region und die Wasserwege bieten viele Möglichkeiten und einen enorm hohen Freizeitwert. Theoretisch kann man mit dem Freecamper sogar bis nach Berlin fahren. Auch die Verlängerung des Urlaubs in der Region vor oder nach dem Freecamper-Turn bietet sich an. Vom Naturcampingplatz an einer der vielen Seen in Mecklenburg-Vorpommern bis hin zur weniger als 200 km entfernten Ostsee, gibt es diverse Möglichkeiten im ostdeutschen Campingrevier. Neue Campingträume gibt es also immer wieder zu entdecken. Zu Lande… …und auf dem Wasser.
Sandra & Armin aus Hessen
> Reisebericht als Video-Clip bei Youtube