Vier Höhepunkte in einer Tour

Als ich Samstag zum Neuen Hafen komme, haben Roland, Simon und Hans unseren Mietwohnwagen vom Caravan-Service an der Müritz bereits verladen. Toll. Ich verlade noch eben mein Gepäck auf die „freedy gonzales“, und dann gehen wir zu Bernie nebenan ins Café. Es gibt Bauernfrühstück und Schnitzel zum Abendessen, lecker!

Sonntag 07.10.2018
Wir starten erst 10:00 Uhr Richtung Süden. Wie beim letzten Mal ist unser heutiges Ziel Liebenwalde. Fahrt durch den Voßkanal mit zwei Schleusen. Als wir 15:00 Uhr an der Klappbrücke in Liebenwalde festmachen und dem Schleusenwärter in Zerpenschleuse unseren Plan mitteilen, heute im Stadthafen zu liegen, um morgen durch den Langen Trödel und die Schleuse zu fahren, sagt der: Schleuse Zerpenschleuse defekt. Wir bleiben in dieser Nacht also vor der Klappbrücke in der Marina (für 24 €) und wählen für morgen Plan B: einen anderen Weg.
Heute: 2 Schleusen, 22 km.

Montag 08.10.2018
9:00 Uhr Ablegen. Ob es nächstes Jahr in Horst Helbig´s Marina Liebenwalde Liegemöglichkeiten geben wird, ist noch nicht raus. Er jedenfalls hört auf. Kurz vor 10:00 Uhr sind wir durch den FinowkanalMalzer Kanal auf den Oder-Havel-Kanal abgebogen. Das ist nicht so spannend, aber um 11:30 Uhr biegen wir erneut ab zu unserem ersten Höhepunkt der Woche, dem Finowkanal. Er ist mit einer Länge von 42 km die älteste noch schiffbare künstliche Wasserstraße Deutschlands. Die Verbindung zwischen Havel und Oder war für lange Zeit eine der wichtigsten Verkehrsstraßen in der Mark Brandenburg. Im oberen Verlauf fahren wir oft durch Wald.
Heute kommen wir bis zum Alten Messingwerkhafen in Eberswalde-Finow. 15:45 Uhr legen wir dort an. Das ist eine coole Location, mitten im denkmalgeschützten Ensemble eines alten Messingwerks. Liegen kostet nix, Toiletten und Duschen nutzen wir nebenan beim Kanuclub ebenfalls kostenfrei. Tolle Sache. Danke Kanuclub, danke wem auch immer.
Heute: 5 Schleusen, 26 km.

Dienstag 9.10.2018
Wir legen bereits um 8:20 Uhr ab, damit wir um 10:00 die Öffnung der Hubbrücke Eisenspalterei in Eberswalde nicht verpassen, denn die öffnet nur alle 2 Stunden. Um das zu schaffen hatten wir mit dem Wärter der Schleuse Schöpfurth gestern abgesprochen, dass wir heute durch die Schleuse Heegermühle  bereits um 8:45 Uhr, eine Viertelstunde vor Betriebsbeginn, fahren können. Wir sind bereits um 8:30 Uhr da und die Tore auch schon offen. Man hat uns erwartet. Dadurch sind wir um 9:30 Uhr an der Hubbrücke und haben Zeit für ein zweites Frühstück. Mittags legen wir vor der Stadtschleuse in Eberswalde einen Einkaufsstopp ein. Danach noch drei Stunden Fahrt bis zur letzten Schleuse auf dem Finowkanal in Liepe. In diesem unteren Bereich des Kanals ist er etwas offener, der Blick geht über Wiesen und Felder. Wir wollen aber noch weiter über die Oderberger Seen bis zur Marina Oderberg am Oder-Havel-Kanal, wo wir um 18:10 Uhr eintreffen. Liegeplatz inkl. Sanitär kosten 20 €.
Heute: 8 Schleusen, 27 km.

Mittwoch 10.10.2018
10:10 Uhr legen wir ab mit Stefan im Schlepp, einem Kajakfahrer aus Ahrensfelde, dessen Ziel heute Schwedt/Oder ist. Vorher haben wir 32 l Wasser gebunkert. Wir fahren auf dem Oder-Havel-Kanal weiter Richtung Osten. Unser Ziel ist der zweite Höhepunkt der Tour, die Oder. Hier wollen wir einen kurzen Abstecher unternehmen, benötigen aber noch Informationen über die Befahrbarkeit. Am Anleger der Wasserschutzpolizei treffen wir niemanden an, beim Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt vermittelt man uns zum Chefschleuser an der Schleuse Hohensaaten. Wir bekommen die Information, dass die Oder derzeit unter 2 km/h fließt. Das ist allerdings nicht offiziell, da das Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt die Fließgeschwindigkeit nicht misst. Weitere Infos: oberhalb von Hohensaaten ist die Oder sehr flach, deshalb könne man keine Garantie für die richtige Position der Fahrwassertonnen übernehmen.
Wir nehmen also um 12:50 Uhr die Ostschleuse Hohensaaten und fahren die Oder erst einmal zu Tal, also Richtung Oderhaff und Ostsee. Paddler Stefan haben wir vor der Schleuse von Bord gelassen, er paddelt weiter auf der bis Stettin parallel zur Oder verlaufenden Hohensaaten-Friedrichsthaler-Wasserstraße. Wir hingegen sind auf der Oder mit 8 km/h unterwegs und stellen fest, dass die Oder zwischen 2,5 und 3 km/h fließt. Als wir nach 20 Minuten umdrehen, fahren wir mit derselben Motordrehzahl lediglich 2 km/h langsam die Oder wieder hinauf. Um 14:00 Uhr sind wir zurück an der Schleuse, warten aber, bis wir zusammen mit einem Arbeitsschiff geschleust werden. Danach geht es für uns zurück über die Oderberger Gewässer zur Schleuse Liepe. Simon badet unterwegs. Um 17:35 Uhr machen wir für die Nacht an der Wartestelle im Unterwasser der Schleuse fest.
Heute: 2 Schleusungen, 24 km.
Zum Abendessen fahren wir mit den Fahrrädern nach Niederfinow und werfen danach einen Blick auf den dritten Höhepunkt der Reise: das Schiffshebewerk Niederfinow. Dort wird gerade das Flußkreuzfahrtschiff „Saxonia“ gehoben. Die Saxonia ist voll belegt, die Wanne des Hebewerks hell erleuchtet. Der Fahrstuhl nimmt Fahrt nach oben auf. Hier geht es mit einer Fahrt 36 m in die Höhe, beeindruckend! Am Finowkanal braucht man dafür zwei Tage und 12 Schleusen. Und morgen früh sind wir mit unserer „freedy gonzales“ dran.

Donnerstag 11.10.2018Schiffshebewerk Niederfinow alt und neu im Nebel
Wir legen bereits 7:40 Uhr ab und fahren im Nebel um die Ecke zur Wartestelle des Hebewerks. Daneben wird an einem neuen, größeren Hebewerk gebaut. Der Probebetrieb ist für 2019 geplant. Das alte bleibt bis 2025 parallel in Betrieb. Frühstück, warten. 8:30 Uhr fährt ein Schubverband an uns vorbei: zwei Schuten, ein Schubschiff, das passt niemals rein. Die Wanne ist nur 82 m lang. Wir sehen, wie die erste Schute im Hebewerk abgekoppelt wird und fragen uns, wie sie auf der anderen Seite – ohne eigenen Antrieb – wieder herauskommt.
Die Schute ist bloß 65 m lang, es ist also noch Platz für uns in der Wanne. Deshalb werden wir um 9:10 Uhr über Lautsprecher aufgefordert: „Der Sportler kann jetzt einfahren!“ Jetzt wird es spannend. Die Einfahrt ist nicht anders als in eine Schleuse. Als wir drin sind, wird das Tor hinter uns aber erst einmal offen gelassen. Der Grund: ein Taucher reinigt das Einlasssieb. Als die Tore schließen geht es sehr zügig nach oben. Einen super Ausblick haben wir, und ein erhabenes Gefühl ist es obendrein.
Bevor wir ausfahren, wird dann auch das Rätsel mit der Schute gelöst. Oben gibt es eine Drahttrosse, in die die Schute eingehakt und über eine Winde hinausgezogen wird. Wenn der Rest des Schubverbandes mit der nächsten Hebung kommt, baut man den Verband wieder zusammen und der setzt seine Fahrt fort.
Wir fahren alleine weiter auf dem Oder-Havel-Kanal am Hafen Eberswalde vorbei bis km 55. Hier zweigen die Werbelliner Gewässer ab: unser vierter Höhepunkt. Der Werbellinkanal liegt vor uns. Einen Kanal habe ich mir anders vorgestellt. Wie bereits auf dem Finowkanal haben wir auch hier das Gefühl, auf einem naturnahen Gewässer unterwegs zu sein. Beide Kanäle sind weniger gerade und kanalisiert als geglaubt. Von Schleuse zu Schleuse – zwei sind es – wird das Wasser klarer, bis wir um 16:50 Uhr am Café Wildau, gleich am Eingang zum Werbellinsee anlegen. Hier liegen wir zwar nicht in der Box, aber auf der Außenseite ist Platz für zwei freecamper. Wir werden mit einem „Willkommen“ sehr nett empfangen, baden und essen dann sehr gut. Die Nacht bleiben wir und bekommen einen Schlüssel für Toilette und Dusche. 15 € finden wir sehr angemessen für alles (außer Essen).
Heute: 1 Schiffshebewerk, 2 Schleusen, 22 km.

Freitag 12.10.2018
8:50 Uhr Ablegen. Den Vormittag cruisen wir über den verwunschenen Werbellinsee. Simon geht baden. Um 13:00 Uhr nehmen wir die Schleuse Eichhorst zurück im Werbellinkanal. Im Oberwasser gibt es sogar einen Liegeplatz (außer montags 14 – 16:30 Uhr). Wir queren den Oder-Havel-Kanal Richtung Werft Büttner. Ankunft an der Werft 15:00 Uhr. Für 10 € können wir dort in einem ganz spannenden Ambiente die Nacht liegen bleiben. Die Belegschaft einschließlich Chef ist sehr nett.In der Werfthalle ist ab 16 Uhr Ruhe, hier sind über 1 km Schienen verbaut. Für uns heute super, aber wegen Liegeplatzmangel für freecamper-Gäste nicht zu empfehlen.
Heute: 2 Schleusen, 26 km.

Samstag 13.10.2018
Wir legen ohne Frühstück um 7:00 Uhr ab, fahren zurück auf den Oder-Havel-Kanal und den dann Richtung Westen. Der „Lange Trödel“ bleibt uns erneut verwehrt, weil die Schleuse Zerpenschleuse immer noch defekt ist. Also weiter auf dem Oder-Havel-Kanal und dem Malzer Kanal zur Schleuse Liebenwalde. Dort können wir um 9:50 Uhr direkt in die Schleuse einfahren. Im Oberwasser Frühstück an Deck. Wir machen einen kurzen Stopp in Liebenwalde, um über die Klappbrücke einen Blick in den neuen Stadthafen zu werfen. 13:30 Uhr geht es  weiter, um 15:00 Uhr passieren wir die Schleuse Zehdenick, um 15:50 Uhr gehen wir im Prerauer Stich vor Anker. Baden im Stich, Sundowner an Deck, Abendessen im Wohnwagen.
Hier baut Dirk Fengler gerade die neue Marina Zehdenick.
Heute: 3 Schleusen, 36 km.

Sonntag 14.10.2018
7:30 Uhr Anker auf, 8:30 Ankunft im Neuen Hafen Mildenberg.

Fazit:
Super tolle Tour mit Sportbootführerschein Binnen. Dann kann man die Runde fahren mit Schiffshebewerk so wie wir. Wer mit Charterbescheinigung unterwegs ist, fährt den Finowkanal wieder hoch und macht von dort aus den Abstecher in die Werbelliner Gewässer über den Alten Werbellinkanal. Der soll nach Sanierungsarbeiten 2019 wieder geöffnet werden.

Markus Frielinghaus

Fotos: Simon (10), Hans (3), Markus (1) Frielinghaus

> Tourenschlag 4c Finowkanal-Schiffshebewerk-Rundtour

 

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